Andalusien - Extremwandern auf Via Ferratas

Video - Klettern auf der Via Ferrata in Gaucin

Was ist eine Via Ferrata?

Via Ferrata ist kein spanisches Wort, sondern Italienisch und kann als "Eisenweg" oder "Eisenstraße"  übersetzt werden. Doch dahinter steckt mehr als nur Wortspielerei. Über eine Via Ferrata kann man sich in Bergregionen zwischen Felsen und tiefliegenden Schluchten über Stahlseile fortbewegen. Was früher als Notbehelf diente, wird heute als Touristenattraktion für erlebnishungrige und höhentaugliche Extremwanderer angeboten. In Andalusien gibt es zahlreiche Wanderungen auf Via Ferratas mit garantiertem Bauchkribbeln quet durch atemberaubende und menschenleere Berglandschaften.

 hiking

Nervenkitzel für Extremwanderer

Dabei wird ein dickes Stahlseil zwischen zwei Bergen gespannt, damit Kletterer von einem Gipfel zum anderen gelangen können, ohne wieder mühselig ins Tal absteigen zu müssen. Dieses Kabel ist die Basis jeder Ferrata-Wanderung und gibt die Sicherheit, die man für die Tour braucht. Das lebenswichtige Stahlseil ist alle paar Meter fest in den Fels geschraubt, so dass man sich jederzeit einhaken und vor Stürzen schützen kann.

Via ferratas Andalucia

Parallel zu den Stahlseilen gibt es meist noch fest installierte Metallstützen am Boden, die als Stufen oder Leitern dienen. Auch in den Fels geschlagene Trittlöcher oder Treppen ünterstützen beiWanderungen in Höhen, wo sonst nie ein Mensch seinen Fuß hinsetzen könnte. 

Damit nicht etwa Langeweile aufkommt, während man auf schwankenden Drahtseilen über einem Abgrund balanciert, sind die Wege noch mit Brücken, Sicherheitskabeln zum Einhaken und Haken und Ösen zum Festhalten ergänzt. Denn Wanderungen auf Via Ferratas sollen neben dem Nervenkitzel vor allem auch unterhaltsam sein und Spaß bereiten. Deshalb sorgen die Initiatoren solchen Routen für viel Abwechslung.

Schwierigkeitsstufen von Via Ferratas in Spanien

Die Strecken, die man über die Stahlseile gehen kann, sind unterschiedlich lang und anspruchsvoll. Doch wie können Wanderer einschätzen, welche technischen Anforderungen an sie gestellt wird? Nicht jede Route eignet sich für Jeden.

Via ferrata Gaucin

Weltweit hat sich ein gewisser Standard durchgesetzt. Mindestens fünf verschiedene Schwierigkeitsstufen gibt es für Via Ferratas, die aber von Land zu Land verschieden sind. Die Klettersteige werden nach dem jeweils härtesten Abschnitt der Passage bewertet.

Doch, wer sich für eine solche Tour in luftiger Höhe entscheidet, sollte nicht nur nach der offziellen Klassifizierung gehen, sondern auch die anderen spezifischen Faktoren berücksichtigen. Wie steht es um Kraft und Ausdauer, wie mental stark sind die Wanderer, wie hoch hängen die Kabel und wie sind die Wetterbedingungen? Bei starkem Wind kann so ein Seil enorm schwanken - höhentauglich sollte man schon sein. Auch der Zustand des Klettersteigs sollte bedacht werden. Wie neu ist die Anlage und wie gut gewartet? Gibt es Fluchtwege und wo sind diese? Können die Wege schnell und einfach erreicht werden und liegen sie im Mittelgebirge oder gar im Hochgebirge?

Viele Länder haben die traditionelle alpine Klassizifierung (1 - 6) übernommen, obwohl die Einstufung von Via Ferratas wenig mit alpiner Wanderei gemeinsam hat.

Die Österreicher verwenden ein alphabetisches System, das erstmals durch die berühmten Wanderführer von Kurt Schall (Kletter- und Wanderführer) eingeführt wurde. Dabei wird eine Klassifizierung von A bis E und eine Fünf-Punkte-Skala verwendet, wobei E5 dem Grad "extrem schwierig" entspricht. 

 Stahlseile zum Festhalten, Hochziehen und Abseilen

In Spanien werden die Klettersteige immer mehr nach einem Mischsystem klassifiziert, das die Schweizerische Eugene Hüsler-Skala und die übliche Buchstabenbewertung enthält. Die Hüsler-Skala verläuft von "sehr leicht" bis "sehr schwer", die ursprünglich auf einer Skala von K1 bis K6 bewertet wurde. Doch heute werden ebenfalls die Buchstaben von A bis E verwendet.

Eine weitere Klassifizierung, die immer noch weit in Spanien verbreitet ist und vom Bergsteigermagazin Desnivel entwickelt wurde, ist eine Bewertung nach Farben. Dabei wird der Schwierigkeitsgrad der Bergwege über die Farben grün (leicht) bis schwarz (sehr schwer) bestimmt.

Allgemein hat sich jedoch das System von Bergwegkategorien von A bis E auf Basis der Hüsler-Skala durchgesetzt, die sich auch für die Einstufung der Ferratas bewährt hat. Weitere Informationen im Outdoor-Test

Geschichte der Via Ferratas 

Über die Entstehung der Kletterwege mit Steighilfen herrscht große Uneinigkeit. Die ersten Klettersteige, die in schwierigen Höhen für Bergwanderer angelegt wurden, stammen wohl aus den Alpen. Stufen, Seile und Seilzüge und Rollen wurden hier schon vor Hunderten von Jahren angelegt. Sie stellen bis heute wichtige Verbindungen für abgelegene Dörfer mit höher gelegenen Almen und Weidegründen dar.

Via Ferrata Gaucin

 

 

Die Österreicher sollen die Ersten gewesen sein, die abschüssige und anspruchsvolle Klettersteige mit Stahlseilen unterstützt haben. Während des Ersten Weltkrieges führten Österreicher und Italiener in den Dolomiten einen erbitterten Krieg. Die Soldaten versuchten, mit Seilen, Leitern und Tunneln zu den höheren Pässen zu gelangen und dort die Kontrolle über bestimmte Bergregionen zu erlangen. Diese Posten versetzten die Truppen in bessere strategische Positionen, um verdächtige Bewegungen zu beobachten und mit Waffengewalt zu unterbinden. Um die Truppen zu unterstützen und Ausrüstung in der schwer zugänglichen Bergwelt zu bewegen, wurden Stahlseile an den Felswänden angebracht, so dass Soldaten schwierige Passagen mit Steilwänden leichter erklimmen konnten.

Dieses aus Kriegszeiten stammende Netzwerk an Seilen und Treppen wurde nach dem Zweiten Weltkrieg restauriert. Heute befinden sich hier die längsten und beeindruckendsten Klettersteige der Welt. Die Dolomiten sind ein Mekka für Klettersteig-Enthusiasten und eine plausible Erklärung dafür, warum sich das italienische Wort Via Ferrata durchgesetzt hat. 

Via Ferratas in Andalusien

In Andalusien können sich Wanderer und Kletterfreunde an den schönsten, wenig besuchten und bergreichsten Landschaften Spaniens erfreuen. Die Provinzregierung, Junta de Andalucia, fördert den Ausbau von Wanderwegen und Steigen in den wenig erschlossenen Regionen und hat in den letzten Jahren damit begonnen, diese Naturwunderwerke für alle zugänglicher zu machen. Besonders im Hinterland soll der Aktivurlaub besser vermarktet werden, wozu auch die Erschließung neuer und attraktiver Wander- und Kletterrouten gehört. 

Via Ferrata Gaucin

Das bestehende Wegenetz aus Klettersteigen hat bereits von dieser Initiative profitiert. Es wurden viele neue Wege in der Provinz angelegt und/oder und mithilfe regionaler Bergsteigerorganisationen modernisiert.

Meist sind die Wanderwege in Gebieten zufinden, wo sich ohnehin seit Jahrhunderten genutzte alte Bergpässe befinden und Pfade und Steige ins Gestein gehackt worden sind. Viele alte Passwege wurden auch von Ingenieuren angelegt, die in den Bergen Wasserwerke zur Stromerzeugung bauten Stromleitungen quer durch die Berge ins Tal verlegen mussten.

Serrania de Ronda - Ein Wandergebiet mit tollen Klettersteigen

 

Mittlerweile gibt es zahlreiche Via Ferrata-Routen in der bergreichen Provinz Andalusien. Das Kronenjuwel ist die Serrania de Ronda - eine abwechslungsreiche Bergregion rund um die romantische Stadt Ronda. Das Klettergebiet wird in der spanischen Presse gern als der erste spanische "Via Ferrata-Abenteuerpark" gezeichnet. Er lockt kletterfreudige Naturliebhaber aus ganz Spanien und aus dem Ausland an. 

Via Ferrata Gaucin

Der letzte Wanderweg wurde Anfang Juli 2013 im Tajo de Ronda (Schlucht von Ronda) angelegt. Mit Kosten von nur 500 Euro konnten die vorhandenen alten Steighilfen restauriert werden. Diese Investition wird sich schnell auszahlen. Denn aus ganz Europa kommen mittlerweile ambitionierte Kletterfreunde, die auf den Drahtseilwegen die spektakuläre Schlucht überqueren möchten.

In unmittelbarer Nähe von Ronda gibt es jetzt insgesamt elf Klettersteige, und in Kürze werden weitere folgen. Zwei befinden sich in Ronda selbst (rund um den Tajo), zwei in Gaucin, und jeweils eine Kletterroute in Benalauría, Cartajima, Montejaque, Igualeja, Benaoján, Benadalid und Atajate. 

 Ronda

Via Ferrata Gaucin

Der Klettersteig in Gaucin ist eine der schwierigsten und technisch anspruchsvollsten Routen. Für diese Via Ferrata wurde die Schwierigkeitsstufe Mittel bis Hoch festgelegt und ein entsprechendes Maß an körperlicher Fitness ist nötig. Auf der oben erwähnten Hüsler-Skala wird die Route in Gaucin mit "B/C" klassifiziert.

Fitness sei sehr wichtig, um die Strecke bewältigen zu können. Nach einigen schwindelerregenden Passagen werden selbst bei durchtrainierten Kletterkünstlern Arme und Beine extrem müde. Auch das Adrenalin, das durch die Höhenlage und den Nervenkitzel ausgeschüttet wird, macht den Körper zwar leistungsfähiger, aber wirkt letztlich auch sehr erschöpfend.

 

Monkey bridge Via Ferrata

 

Im Gegensatz zu vielen anderen Klettersteigen führt die Tour bergab und quer durch die Berge. Dies macht die Sache nicht unbedingt leichter. Bevor man den Hauptteil des Klettersteigs erreicht, muss eine steile Felswand bewältigt werden. Das geht extrem auf die Armmuskulatur.

Es ist dennoch eine spektakuläre Kletterroute, die den Namen Castillo delÁguila - Adlerfestung - trägt und auf der man zwei Hängebrücken, eine größere sogenannte Tibetische Brücke und eine 30 Meter lange Zipline überquert. Das ist eine Art Seilrutsche mit Rollen und Karabinern zum Einhaken und mit der man über ein Tal, Fluss oder See in luftiger Höhe saust.

Aber auch die Brücken auf der Route Gaucin erfordern einen gewissen Unternehmergeist und Kaltblütigkeit. Denn die an Seilen aufgehängten Brücken schwanken bei jeder Bewegung.

 

Via Ferrata Gaucin 

Wanderer sollten nicht nur gut zu Fuß und schwindelfrei sein, sondern auch noch starke Nerven haben. Mit Balancegefühl muss man sein eigenes Gewicht ausgleichen können und sich seitwärts an einem Stahlseil vorwärts bewegen. Dabei muss man sich an dem oben angebrachten Sicherheitsseil festhalten und bei der kleinsten Windböe seine zitternden Beine zur Ruhe zwingen.

Wer vor Angst oder Anstrengung zu sehr wackelt, sorgt für unnötige weitere Bewegungen der Seile und  macht die Sache nur noch schwieriger. Der Trick besteht darin, möglichst entspannt und fast meditativ in Ruhe verharren zu können und die Nerven zu haben, das Schwingen der Seile abzuwarten, um sich dann weiter Schritt für Schritt vorwärts zu bewegen. An den meisten Stellen "wandert" man auf diese Weise auf mehr als 80 Meter Höhe über dem Abgrund. Die rund 200 Meter lange Route in Gaucin ist nichts für Warmduscher.

 

Anfahrt zur Via Ferrata in Gaucin

Es gibt zwei verschiedene Via Ferratas in Gaucin. Die oben beschriebene neu errichtete Route Castillo delÁguila und eine ältere Route, die Hacho heißt. 

Die Startpunkte der Klettersteige sind recht einfach zu finden. Sie fahren in den Ortskern von Gaucin und folgen der Ausschilderung zur Festung (Castillo). Es gibt gleich in der Nähe des Weges Parkmöglichkeiten. Folgen Sie dem Weg zur Festung und biegen Sie kurz vor dem Erreichen der Festung in einen kleinen Pfad ab. Die Abzweigung führt rechts ab und direkt zum Anfangspunkt der Via Ferrata. Die Route ist ausgeschildert. Karte

Wenn Sie Andalusien einmal aus ganz anderer Perspektive und unter Adrenalinrausch erleben möchten, sollten Sie nicht lange zögern und sich einen Klettersteig, der als Via Ferrata ausgewiesen ist, wählen. Trotz der Überwindung und den Angstmomenten bietet eine solche Wanderung ein unvergessliches Reiseerlebnis und eine Erfahrung, die Sie zwar auf die Probe stellen, aber auch ein wenig über sich hinauswachsen lassen wird. Vergessen werden Sie diesen Urlaub auf keinen Fall!